In vorgegebenen Strukturen die eigene Freiheit finden


In einer Welt, die uns zu Eigenverantwortung ermutigt und gleichzeitig starre Rahmen vorgibt, ist es nicht immer leicht, ein Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit zu finden. Vielleicht kennst Du das Gefühl, Dich manchmal in einem Netz aus Erwartungen, Regeln und Verpflichtungen gefangen zu fühlen?

Ich selbst habe diese Spannung oft in meinem Alltag gespürt, zum Beispiel in meiner Kindheit in der Schule. Stundenlang am selben Platz sitzen, die eigenen Bedürfnisse ignorieren – das fiel mir schwer. Der Raum, geprägt von grauen Betonwänden und flackerndem Licht, wirkte auf mich wenig einladend. Das stundenlange Bewältigen von Matheaufgaben war für mich eine Qual. Ich fühlte mich beobachtet und unter Druck gesetzt. Die Umgebung war mir zu wild und laut – wie sollte ich mich bei all dem Gewusel konzentrieren? Manchmal fühlte ich mich wie ein Fisch, der danach beurteilt wurde, wie gut er auf einen Baum klettern kann.

Die Dinge, die mir wirklich wichtig waren, schienen in diesem Umfeld keinen Platz zu haben. Anstatt mich mit Rechenaufgaben herumzuschlagen, die ich nicht wirklich verstand, stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn die gelbe, sanftmütige 2 die griesgrämische, waldgrüne 7 sympathisch finden würde. Ich fragte mich auch oft, ob die Lehrerin wirklich so motiviert war, wie sie tat. Manchmal spürte ich eine unausgesprochene Spannung, die mich ahnen ließ, dass auch sie am liebsten ganz woanders gewesen wäre.

Diese Spannung zwischen dem Wunsch nach Freiheit und der Sicherheit, die feste Strukturen bieten, kann beängstigend sein. Doch wenn wir uns dieser Spannung bewusst sind, bietet sie uns eine Chance: Sie ermutigt uns, unseren eigenen authentischen Weg zu gehen und unsere innere Stärke zu entfalten.

Ich begann mir die Frage zu stellen, inwieweit es möglich ist, innerhalb der äußeren Strukturen eigene Freiräume zu schaffen. Ist es erstrebenswert, völlig losgelöst vom Außen zu sein? Was sind das für Strukturen, die uns umgeben, und welche Wirkung haben sie auf uns?

Äußere Strukturen: Halt oder Begrenzung?

Strukturen können uns auf unterschiedliche Weise beeinflussen: Einerseits können sie uns einengen und daran hindern, eigene Wege zu gehen, wenn wir uns in einem Umfeld befinden, das uns nicht guttut. Ein Beispiel ist ein Job, der uns keine Erfüllung bringt und uns dazu anhält, lediglich zu funktionieren und die Tage irgendwie zu "überstehen". Andererseits können äußere Strukturen auch Halt und Sicherheit bieten. Sie geben uns ein Fundament, auf dem wir unsere eigenen Strukturen aufbauen können. Ein solcher Boden kann uns erst dazu bringen, mutig zu sein und eigene Wege zu gehen, weil wir uns durch das Fundament getragen fühlen.

Wie finde ich heraus, ob Strukturen mir guttun?

Ich denke, ein guter erster Schritt ist, den Blick nach innen zu richten. Was sind meine eigenen Wünsche und Ziele? Welche Werte sind mir wichtig? Wenn ich mir darüber bewusst bin, kann ich mein Leben in seinen verschiedenen Bereichen reflektieren und, wenn nötig, Veränderungen in kleinen Schritten angehen. Wenn ich Strukturen als einengend empfinde, kann es daran liegen, dass sie nicht mit meinen Werten übereinstimmen.

Nehmen wir noch einmal das Beispiel eines Jobs: Wenn ich jeden Tag nur aufstehe, um pünktlich um acht Uhr im Büro zu sein, und einer monotonen Tätigkeit nachgehe, die sich endlos hinzieht und mir wenig Freude bringt, könnte es sinnvoll sein, innezuhalten und zu fragen: Entspricht dieser Job meinen Werten?

Wichtig ist, nicht gleich radikal zu handeln, sondern in kleinen Schritten zu hinterfragen: Was genau macht mich unzufrieden? Wie könnte ich mich fühlen, wenn sich dieser Aspekt verändern würde? Manchmal genügt schon eine kleine Veränderung, um große Erleichterung zu spüren. Vielleicht auch zu fragen: Was müsste sich verändern, damit ich zufrieden sein kann? Und was brauche ich, um dorthin zu kommen?

Innere Begrenzungen erkennen

Oft glauben wir, dass äußere Umstände unsere Freiheit einschränken. Doch genauso häufig sind es innere Begrenzungen – alte Glaubenssätze oder gesellschaftliche Erwartungen, die wir verinnerlicht haben – die uns zurückhalten. Was wäre, wenn wir diese inneren Grenzen hinterfragen und verändern könnten?

Es heißt, jede Veränderung beginnt mit einem kleinen Schritt im Inneren. Mahatma Gandhi sagte: "Sei du selbst die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst." Manchmal sind es die kleinen Freiräume, in denen wir Neues wagen, die den Unterschied machen.

Sicherheit und Freiheit in Balance

Das Spiel zwischen Sicherheit und Freiheit ist ein ständiger Tanz. Sicherheit gibt uns ein stabiles Fundament, doch zu viel davon kann uns in starren Mustern festhalten. Freiheit schenkt uns Raum zum Atmen, aber zu viel Freiheit kann uns orientierungslos machen. Es ist die Balance zwischen beidem, die uns hilft, unsere innere Mitte zu finden.

Mutig den eigenen Weg gehen

Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern trotz der Angst zu handeln. Gib Dir die Erlaubnis, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Wenn Du Deine inneren und äußeren Grenzen hinterfragst, wirst Du eine tiefere Verbindung zu Dir selbst finden und die Freiheit entdecken, die auf der anderen Seite wartet.

Was kannst Du tun, um auf Deinem eigenen Weg einen kleinen Schritt weiterzukommen? Wo geben Dir Grenzen Halt, und wo engen sie Dich ein?


Eine kreative Übung: Malen als Ausdruck von Freiheit und Sicherheit

Als ich über diese Fragen nachdachte, brachte mich das Reflektieren und Nachdenken darüber allein nicht weiter. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Ich wollte ins Tun kommen. So entwickelte ich eine Malübung, um das Thema Freiheit und Sicherheit kreativ zu erkunden. Vielleicht inspiriert sie Dich, es auch einmal auszuprobieren:

Nimm Dir ein Blatt Papier und einen Stift. Beginne mit einer willkürlichen Linie auf dem leeren Blatt. Diese Linie symbolisiert die Strukturen, die uns umgeben – gesellschaftliche Normen, familiäre Erwartungen oder unsere eigenen Vorstellungen. Wenn Du diese Linie weiter malst, werden sich neue Räume öffnen:  Räume entstehen an jenen Stellen, an denen sich die Linie selbst überlagert. Diese Räume kannst Du nun mit eigenen Formen und Farben füllen und so Deinen individuellen Weg gestalten.

Mir wurde bewusst, dass vorgegebene Linien nicht nur Grenzen darstellen, sondern auch ein Fundament bilden können, von dem aus ich gestalten kann. Dieser Halt gibt mir den Mut, über die Linien hinauszugehen und neue, eigene Formen zu schaffen. Du kannst spielerisch damit experimentieren: Wie fühlt es sich an, innerhalb der Linien zu bleiben? Wie fühlt es sich an, diese zu übermalen oder völlig eigene Formen entstehen zu lassen?

Der kleine Schritt, eine Linie zu ziehen, kann plötzlich neue Welten eröffnen. Was wäre, wenn auch im Leben diese kleinen Schritte große Wirkung entfalten könnten? Experimentiere gerne damit und finde heraus, was sich für Dich stimmig anfühlt. Es gibt dabei kein richtig oder falsch – es darf alles sein, genauso wie es ist.

Ich wünsche Dir viel Freude und bereichernde Erkenntnisse beim Ausprobieren - und den Mut, Dich auf Deinen eigenen Weg zu begeben.



Loslassen - Im Wandel Neues entstehen lassen

Der Herbst kommt in großen Schritten – eine Jahreszeit, in der die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken. Doch der Herbst bringt auch eine prachtvolle Farbenvielfalt und eine ganz besondere Wärme mit sich. Ein Blick nach draußen zeigt, wie die grünen Blätter sich in leuchtendes Rot, Orange und Goldgelb verwandeln – ein Anblick, der immer wieder wie ein kleines Wunder wirkt.

Was fühlst Du, wenn die ersten Blätter zu Boden fallen und die Tage kürzer werden? Spürst Du auch diese leise Melancholie, die in der Luft liegt, als würde der Sommer Abschied nehmen? Diese Stimmung erinnert mich daran, dass alles im Leben vergänglich ist, auch die eigene Vergänglichkeit wird mir in solchen Momenten bewusst. Vielleicht mag es Dir ähnlich gehen? Gerade dieses Bewusstsein kann uns helfen, das Leben als wertvolles Geschenk zu schätzen und die kleinen Dinge nicht als selbstverständlich zu betrachten. Ohne diese Achtsamkeit erkennen wir oft erst, wie kostbar etwas war, wenn es bereits vergangen ist.

Die Bäume lassen ihre Blätter los, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Sie verabschieden sich von einem Teil von sich selbst, den sie nun nicht mehr benötigen, um Platz für Neues zu schaffen. Sie vertrauen auf den natürlichen Rhythmus der Natur, die sich stetig verändert.

Wandel bedeutet immer auch, etwas loszulassen, um Neues willkommen zu heißen. Vielleicht kann uns das als Inspiration dienen, um uns selbst zu fragen: Was in meinem Leben bin ich bereit, loszulassen? Und was darf Neues entstehen?

Loslassen bedeutet für mich, in Frieden mit dem zu kommen, was ich gehen lassen möchte. Vielleicht noch viel wichtiger: In Frieden mit jenem Teil von mir zu kommen, der daran festhält. Ihm zuzuhören, um zu erkennen, was er wirklich braucht. 

Nur im Frieden und im Vertrauen kann ich loslassen. Im Widerstand wird das Loslassen schwer, beinahe unmöglich. Das Loslassen kann manchmal - und das ist nur aus meiner persönlichen Erfahrung - ein Prozess sein. Loslassen erfolgt oft in Wellen. Die Balance zwischen Loslassen - Annehmen und Transformation zu finden erinnert mich ein wenig daran, als würde man eine Spiralform nachgehen. Ich kann sie von innen nach außen oder von außen nach innen ablaufen. Nachfühlen, an welchem Punkt ich Ausgleich oder Balance wahrnehmen kann. Es ist ein stetiges Ausjustieren: Wie weit kann ich nach außen gehen oder wann möchte ich wieder weiter nach innen gehen. 

Alles hat einen guten Grund, auch der Teil, der nicht loslassen möchte, den wir vielleicht als Widerstand in uns fühlen. Es kann hilfreich sein, sich erstmal diesem vermeintlichen Widerstand zuzuwenden. Zu schauen, warum er da ist, welche Aufgabe er erfüllt und was er uns vielleicht mitteilen möchte. Oft steckt hinter diesem Teil eine unbewusste Angst, eine Unsicherheit, oder der Wunsch nach Kontrolle. Indem wir uns mitfühlend und neugierig dem widmen, was in uns aufkommt, geben wir uns die Möglichkeit, diesen Teil besser zu verstehen, anstatt ihn direkt loswerden zu wollen. Wenn wir ihn würdigen, uns ihm sanft nähern, geben wir ihm die Chance, sich mit der Zeit zu lockern. Der Prozess des Loslassens kann dann auf eine ganz natürliche Weise stattfinden, in kleinen Schritten, in Momenten des Vertrauens, in denen wir spüren, dass wir sicher sind, auch ohne festzuhalten.

Vertrauen ist der Schlüssel – das Vertrauen darauf, dass die Leere, die durch das Loslassen entsteht, gleichzeitig ein Raum für Wachstum und Veränderung sein kann. Dass ich diesen Raum selbst als solchen erkennen und in mir für das Neue halten kann. Gleichzeitig auch, dass ich mich in meiner Umgebung sicher fühle, dass sich das Loslassen für mich sicher anfühlen kann. Hier geht es oftmals darum, in kleinen Schritten vorzugehen und sich selbst die Zeit dafür zu geben, die es braucht. Jeder kleinen Schritt ist ein wertvoller Schritt auf dem eigenen Weg.

Loslassen kann ein schmerzvoller Prozess sein, doch zugleich liegt so viel Potenzial darin, uns selbst auf neue Art und Weise zu entdecken. Vielleicht neue Seiten von uns zu sehen, die schon immer tief in uns waren, denen wir bisher keinen Raum geben konnten, weil wir damit beschäftigt waren, ihn für so viel anderes zu halten. 

Im Leben gibt es immer wieder Abschnitte, die von diesem Prozess des Loslassens und des Öffnens für Neues geprägt sind. Genau darin liegt die Chance für Wachstum.

Vielleicht fragst Du Dich: Wie gelingt mir das Loslassen? Was halte ich fest, das mir nicht mehr dient? Und welche Teile meiner Vergangenheit oder meiner Erfahrungen möchte ich in mein Leben integrieren? Manchmal erfordert es Mut, sich diese Fragen authentisch zu stellen, doch Bewusstsein und Klarheit darüber zu erlangen, ist oftmals ein wichtiger Grundstein, um sich von alten Überzeugungen oder Mustern zu lösen. Aber ebenso wichtig ist es, die Lehren aus diesen Erfahrungen anzunehmen. Was bin ich bereit, loszulassen, um Raum für Neues zu schaffen? Und wie kann ich das, was ich erlebt habe, in mein Leben integrieren, um gestärkt daraus hervorzugehen?

Der Prozess des Loslassens ist immer auch ein Prozess des Annehmens. Loslassen und Annehmen gehören zusammen. Das Loslassen kann uns dazu einladen, uns für neue Erfahrungen zu öffnen. Wie es die Bäume ebenfalls tun - sich dem Wandel des Lebens hinzugeben, im Vertrauen darauf, dass zur richtigen Zeit gehen darf, was gehen möchte und daraus Neues entstehen darf, wenn wir uns dafür öffnen.

Ich hoffe, Du hattest Freude und eine gute Zeit beim Lesen. Und vielleicht konnte Dich ja das ein oder andere inspirieren. Loslassen ist ein weites Feld. Das hier sind meine persönlichen Gedanken dazu. Womöglich hast Du Deine ganz eigenen Gedanken und Erfahrungen zu diesem Thema. Teile sie gerne, wenn Du magst. Hier findest Du den Text auch nochmal als PDF zum Download. 

Alles Liebe 



Seelenkreatives Malen - Der Schlüssel zu mir

Ich möchte Dich gerne mitnehmen, auf eine kleine Reise in die Welt der Farben und Formen. Ich möchte Dir ein wenig über das seelenkreative Malen erzählen. Wie ich dazu gekommen bin und welch unglaublich wertvoller Schatz sich darin verbirgt. Vielleicht kannst Du eine Inspiration daraus für Dich mitnehmen. 

Worum geht es?

Das seelenkreative Malen ist eine sanfte Einladung, sich selbst (wieder) näherzukommen und in die eigene innere Welt einzutauchen. Es eröffnet einen Raum, in dem der Moment, so wie er ist, willkommen ist. Es kann darum gehen, bei sich selbst anzukommen, bewusst zu spüren und am Ende mit neuer Klarheit und innerer Stärke hervorzugehen. 

Dieser kreative Prozess hat keinen Anspruch auf ein bestimmtes Ergebnis – es geht nicht darum, ein "perfektes" Bild zu erschaffen, sondern sich von Erwartungen zu befreien. Oft sind es unsere inneren Erwartungen, die Druck und Urteile über ein Werk formen. Doch im intuitiven Malen darf dieser Leistungsdruck losgelassen werden. Es gibt kein "richtig" oder "falsch". Vielmehr geht es darum, zu erspüren, was das Bild im Moment braucht, um in Balance zu sein, und zu fühlen, was ich brauche, um dem Ausdruck Raum zu geben – sowohl auf dem Blatt als auch in mir selbst. Was zählt, ist das Erleben des gegenwärtigen Moments und der Prozess des Malens. 

Alles, was in uns ist, kann in Farben und Formen Ausdruck finden. Andersherum können Farben und Formen auf unser Inneres eine bestärkende Wirkung entfalten, uns auf diese Art und Weise in Balance bringen. Das Loslassen von Bewertungen ist dabei befreiend und ermöglicht es uns, in einen Zustand des "Seins" einzutauchen, anstatt uns auf das "Tun" oder das Ergebnis zu fokussieren.

Loslassen - In Verbindung mit sich selbst kommen

Loslassen hat etwas zutiefst Verbindendes. Es bringt uns in Kontakt mit uns selbst, jenseits von Kontrolle und Erwartungen. Oft gehen wir am Anfang mit dem Kopf an das Malen heran, aber wenn wir loslassen, geschieht etwas Wundervolles: Wir begegnen uns selbst mit Offenheit und Akzeptanz. Loslassen befreit uns von dem Zwang, etwas Bestimmtes erreichen zu müssen und schenkt uns den Raum, einfach zu sein. 

Dieses Loslassen ist zugleich eine Form des Vertrauens – Vertrauen in den kreativen Prozess und das eigene Empfinden. Es ermöglicht uns, uns in all unseren Facetten zu erleben und uns so zu akzeptieren, wie wir sind. In dieser Akzeptanz liegt große Freiheit, die uns näher zu uns selbst bringt. Ich erinnere mich gut daran, dass das Loslassen für mich anfangs mit Übung und Geduld verbunden war. Doch je mehr ich es zulassen konnte, desto mehr öffnete sich der Raum für eine tiefe Verbindung zu mir selbst. Loslassen ist kein Kontrollverlust, sondern eine bewusste Hingabe, die uns tiefer in den Moment führt und uns die Freiheit schenkt, mit dem, was entsteht, in Resonanz zu treten.

Der Halt im Prozess

Loslassen erfordert Vertrauen – in den Prozess und das eigene Empfinden. Eine wunderbare Erfahrung, die ich dabei immer wieder mache, ist, dass Loslassen interessanterweise Halt gibt. Farben, Formen und Texturen können in diesem Prozess etwas Stabilisierendes und Haltgebendes vermitteln. Sie schenken uns durch ihre Wirkung ein Gefühl von Sicherheit. 

Die Materialien als Unterstützung

Auch die Wahl des Materials spielt eine wichtige Rolle darin, wie wir uns beim Malen fühlen. Oft wählen wir intuitiv genau das, was wir in dem Moment am meisten brauchen, auch wenn wir dies nicht bewusst steuern. Unsere innere Stimme zeigt uns, was uns guttut – wir dürfen uns darauf verlassen. 

Festere Stifte wie Kreiden oder Buntstifte haben eine erdende Wirkung. Sie bieten uns die Möglichkeit, Kraft und Stabilität zu spüren, während wir die Farben fest aufs Papier drücken. Wir erleben den Widerstand des Materials und spüren unsere eigene Kraft. Aquarell- und Wasserfarben hingegen bringen Leichtigkeit mit sich – sie fließen sanft und können uns in einen Fluss bringen. Die Wahl des Mediums kann einen wichtigen Unterschied machen.

Malen ohne Erwartung

Das Schöne am seelenkreativen Malen ist, dass es frei von Erwartungen ist. Es schafft einen Raum, um so zu sein, wie man im Moment ist, mit allem, was einen beschäftigt. Es darf spielerisch erkundet werden, immer im Einklang mit dem eigenen Spüren und in Verbindung mit sich selbst. 

Wenn ich Auftragsarbeiten für Kunden anfertige, ist der Prozess anders. Hier gibt es bestimmte Erwartungen und Vorgaben, die beachtet werden müssen. Diese Arbeit ist ebenfalls wertvoll und meditativ, aber sie hat einen anderen Fokus. Hier steht die Technik im Vordergrund – was soll das Bild ausdrücken, wie soll es am Ende aussehen? Diese Arbeit ist mehr von äußeren Anforderungen geprägt, doch auch hier bleibt immer eine innere Verbindung, ein Einfühlen in das Werk. Nur wenn ich mich authentisch einlasse, kann ich ein Bild erschaffen, das wirklich berührt. Auch wenn es Vorgaben gibt, fließt immer ein Teil von mir in das Werk ein – so wird es lebendig und persönlich. 

Wie ich das Malen für mich Entdeckte

Meine Leidenschaft für das Malen entdeckte ich recht früh. Als ich zum ersten Mal in einem Museum stand – ich war noch ein Kind – war ich fasziniert von den meterhohen Bildern. Ich konnte stundenlang vor einem Bild verweilen, ohne jemals Langeweile zu empfinden. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Das Betrachten von Bildern, besonders von alten Meisterwerken, hat für mich etwas Ehrfurchtgebietendes. Es ist, als ob die Seelen der Künstler in den Bildern weiterleben. Diese Verbindung über Zeit und Raum zeigt mir, dass Kunst zutiefst menschlich ist. Manche Bilder resonieren stärker mit uns als andere – das ist individuell verschieden. Doch wenn uns ein Bild berührt, erkennen wir vielleicht auch ein Stück von uns selbst darin. 

Als ich Kunstgeschichte studierte, lernte ich, Bilder aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Doch das akademische Umfeld erfüllte mich nicht ganz. Es war mir zu viel Wissenschaft – zu wenig Gefühl. Irgendwann konnte ich das Bedürfnis, selbst zu malen, nicht länger ignorieren. Ich wollte die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, zu malen, anstatt nur Betrachterin zu sein. Diese eigenen Erfahrungen erwiesen sich für mich als wertvoller Schlüssel, um Kunst tiefer zu verstehen. Letztendlich brachte es mich zum intuitiven Malen, in dem ich eine ganz neue Seite der Kunst entdeckte, die mir zugleich sehr vertraut war. Kunst kann so vieles in uns bewirken – sie kann verbinden und gleichzeitig auf eine wohltuende Art in jedem von uns etwas bewirken. Für mich ist das wie Magie. Die letzten Monate hatte ich das Privileg, von einer wundervollen Kunsttherapeutin lernen zu dürfen. Ihre Arbeit schätze ich sehr, und die Ausbildung bei ihr, in der ich lerne, seelenkreative Räume zu halten, ist eine große Bereicherung.

Ein Schlüssel zur inneren Welt

Das seelenkreative Malen ist für mich wie ein Schlüssel zu einer verborgenen Welt. Es eröffnet mir einen Raum, in den ich eintauchen kann – in dem alles andere in den Hintergrund tritt und ich ganz bei mir bin. Dieser Moment, in dem ich mir selbst genug bin, ist eine tiefe Form der Selbstakzeptanz. Das kreative Arbeiten führt zu einem achtsamen Erleben und einer inneren Ruhe, die heilsam wirken kann. Es ist eine Möglichkeit, Gefühle auszudrücken, die vielleicht lange verborgen waren und sich selbst neu zu entdecken. 

Es berührt mich tief, zu sehen, wie Menschen am Ende ihres kreativen Prozesses auf ihr Bild blicken und nicht nur das Bild, sondern auch etwas in ihrem Inneren neu entdecken. Oft sind es Gefühle von Stolz, Freude oder Erleichterung, die das Malen auslöst. Ich empfinde es als großes Geschenk, diesen Prozess begleiten zu dürfen. Es ist herzergreifend, wie überrascht Menschen oft sind, wenn sie sehen, dass sie aus dem Nichts etwas erschaffen haben. Oft ist dieses Erfolgserlebnis allein schon eine große Bereicherung. Darüber hinaus ist das entstandene Werk immer etwas sehr Persönliches. Emil Nolde sagte nicht ohne Grund: "Bilder sind spirituelle Wesen. Die Seele des Malers lebt in ihnen." Genau das erlebe ich immer wieder in meiner Arbeit.

Vielleicht spürst auch Du in Dir den Wunsch, Deiner Seele Ausdruck zu verleihen? Trau Dich, den ersten Pinselstrich zu setzen – Du wirst überrascht sein, was in Dir steckt. 

Ich danke Dir von Herzen für Deine Zeit und fürs Lesen - und wünsche Dir alles Liebe.

Hier kannst Du Dir den Text als PDF herunterladen: